Der heute leider etwas in Vergessenheit geratene Autor David Leavitt schrieb in noch recht jungen Jahren einige komplexe Romane um familiäre Beziehungsgeflechte. Mit "Die verlorene Sprache der Kräne" gelang ihm gegen Ende der 1980er der Durchbruch.
Die BBC verfilmte den Roman 1991. Dafür wurde zwar aus Kostengründen der Handlungsort von New York nach London verlegt, aber ansonsten blieben Handlung und Charaktere unverändert. Der Film sorgte seinerzeit für einen Skandal, da er relativ freizügige Sexszenen bot. Diese sind allerdings keineswegs plakativ, sondern ganz beiläufig und sind selbst für einen Fernsehfilm der Entstehungszeit recht harmlos. Erst recht aus heutiger Sicht. In den USA ist der Film bis heute nur zensiert zu sehen, in England wurde er noch nie auf DVD veröffentlicht.
Der Inhalt: der Sohn eines Akademikerpaares outet sich gegenüber seinen Eltern als schwul. Die Mutter reagiert eher desinteressiert, der Vater bricht allmählich zusammen. Aber nicht, weil der Sohn Männer liebt. Der alternde Mann unterdrückt seit Jahrzehnten seine eigene Homosexualität. Nach und nach kommen alle Lebenslügen auf den Tisch und das Leben aller Beteiligter muss neu geordnet werden.
Der kammerspielartig inszenierte Film bietet sorgfältige Charakterausarbeitung und ist hervorragend besetzt mit Angus Macfadyen, Brian Cox und Eileen Atkins. In Nebenrollen sind Corey Parker, Richard Warwick, Rene Auberjoinis und der bekannte Regisseur John Schlesinger zu sehen.
Der Film besticht wie der Roman auch durch das Fehlen von Klischees: trotz Akademiker-Laufbahn sind die Eltern nicht gutsituiert, haben sogar ein akutes Wohnungsproblem. Die meisten Personen sind ganz normale Menschen, anders als man es aus Mainstreamfilmen kennt.
Der Film wurde Mitte der 1990er deutsch synchronisiert im "Studio Hamburg". Leider verpasste man ihm den plakativen und im Grunde nichtssagenden Titel "Schwul" - obwohl der Roman auch deutsch recht bekannt war. Versteckt im Nachtprogramm der Dritten bekam der anspruchsvolle Film praktisch kaum seine verdiente Aufmerksamkeit.
Da Pidax ja durchaus BBC-affin ist, ließe sich vielleicht etwas machen. Auch die Besetzung ist ja nicht gerade mit "No Name"-Actors eingedeckt.
Schwul - Die verlorene Sprache der Kraene, BBC 1991
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Schwul - Die verlorene Sprache der Kraene, BBC 1991
Beitrag von PrinzvonNorwegen » 27.01.2017, 13:19
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